Um die Kreuzfahrtschiffe nachhaltiger zu machen, setzt TUI Cruises seit fast zehn Jahren auf Innovationen und strenge Vorgaben. Lucienne Damm, Senior Environmental Managerin, arbeitet mit ihrem Team an einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die dazu beitragen, dass TUI Cruises in Sachen Umwelt- und Klimaschutz ständig neue Maßstäbe setzt. Die Maßnahmen reichen von neuen Abgasfiltertechnologien über effiziente Energie- und Klimasysteme bis hin zu Projekten zur Abfallvermeidung und gegen Lebensmittelverschwendung.

Ein Pilotprojekt von TUI Cruises und United Against Waste führte zu einer flottenweiten Einsparung der Lebensmittel um 17 Prozent.

Wer eine Kreuzfahrt macht, kann sich neben allen anderen Annehmlichkeiten auch kulinarisch verwöhnen lassen. Tausende leckere Mahlzeiten gehen täglich über den Tisch. Heute schaut sich Lucienne Damm das Angebot im Buffetrestaurant Anckelmanns­platz an: von den vielfältigen Vorspeisen über die umfangreichen Hauptgerichte bis hin zu den süßen Nachspeisen. Sie kann allerdings nicht die gleiche Ruhe genießen wie die Urlauber rundherum. Die TUI-Cruises-Umweltmanagerin ist beruflich an Bord. Gemeinsam mit einem der Köche läuft die 37-Jährige die Buffetmeter im Bordrestaurant ab, schaut sich die Mengen an, die auf den Servierplatten liegen, und die Rückläufer, die in die Küche gehen. Anschließend wiegen Mitarbeiter die Lebensmittelabfälle und diskutieren gemeinsam mit Lucienne Damm, wie diese weiter reduziert werden können.

Die intensive Arbeit, die sie und ihr Team in die Bordgastronomie gesteckt haben, hat sich gelohnt. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Lebensmittelverschwendung an Bord zu reduzieren – und dafür müssen wir die Abläufe genau anschauen.“ Das Projekt hat TUI Cruises gemeinsam mit dem Verein United Against Waste durchgeführt und flottenweit 17 Prozent Lebensmittel einsparen können. Die Reste fallen vor allem durch Überproduktion an, das ist typisch für die Gastronomie. Veröffentlicht hat die Politologin, die schon im Studium an der Freien Universität in Berlin ihren Schwerpunkt auf Umweltthemen gelegt hatte, die Ergebnisse nun gemeinsam mit der touristischen Nachhaltigkeitsinitiative Futouris. „Wir haben unsere Methoden und unsere Erkenntnisse als eine Art Leitfaden für die Branche konzipiert“, sagt Lucienne Damm, die bei all ihren Projekten eng mit den Umweltoffizieren an Bord und den anderen Abteilungen an Land und an Bord zusammenarbeitet.

Lucienne Damm, Senior Environmental Managerin, TUI Cruises

Am Beispiel Lebensmittel verdeutlicht die engagierte Mitarbeiterin, wie das Unternehmen in allen Bereichen nachhaltiger wird. „Kreuzfahrtschiffe stehen in der Diskussion, das ist klar. Auch deswegen ist es wichtig zu zeigen, wie viel wir machen.“ Das Feedback der Gäste sei bisher positiv, sagt sie. Wobei gerade der Ansatz, die Verpflegung zu optimieren, ein Balanceakt ist. „Die Urlauber wünschen sich eine Vielfalt am Buffet und sie wollen unbeschwert und mit gutem Gewissen reisen“, erklärt Lucienne Damm, die seit dem Jahr 2011 für TUI Cruises arbeitet und zuvor für den Umweltschutzverband NABU das Themenfeld „Schifffahrt“ mitentwickelt hatte. „Dazu kommt, dass wir strengere Hygieneregeln als an Land haben: Alles, was auch nur in der Auslage beim Buffet war, muss anschließend entsorgt werden.“

Abfälle beschäftigen Lucienne Damm immer wieder. Neben einem umfangreichen Programm zur Vermeidung von Plastik (siehe Interview) versucht sie, für alle Müllarten den idealen Umgang zu finden. „Es geht immer darum, wie wir Abfall vermeiden oder, wenn es nicht anders geht, ihn möglichst effektiv verringern und verwerten.“ An einigen Stellen funktioniert das zum Beispiel, indem Lebensmittel in Großgebinden oder in Mehrwegverpackungen eingekauft oder manche Produkte gar nicht eingepackt werden. Wertstoffe wie Aluminium oder Glas werden gesammelt. Zudem wird mancher Müll direkt an Bord verbrannt, weil der Raum für die Lagerung begrenzt ist. „Wir arbeiten nun daran, die thermische Energie aus der Verbrennung genauso wie die Abwärme der Motoren zu nutzen – das ist allerdings an Bord aus Sicherheitsgründen etwas schwieriger.“


»Wir haben unsere wichtigsten Kritiker immer bei uns: die Urlauber.«

Lucienne Damm, Senior Environmental Managerin, TUI Cruises


Ähnlich wie beim Auto kann man ein Schiff ebenfalls energiesparend steuern, indem auf Wind und Wetter oder auch die Streckenführung geachtet wird.

Das Thema Energie spielt für die TUI-Cruises-Mitarbeiterin sowieso eine große Rolle. Kreuzfahrtschiffe müssen ständig mit Strom versorgt sein, allein wegen des Hotelbereichs, der Sicherheitssysteme oder der Kühlung der Lebensmittel darf es keine Ausfälle geben. Im Regelfall erzeugen auf hoher See die Schiffsmotoren die Energie, im Hafen laufen die Hilfsmotoren. Seit einigen Jahren sind sogenannte Landstromanlagen im Gespräch, die langfristig deutlich nachhaltiger wären. „In der öffentlichen Diskussion haben sich viele gefragt, warum wir das Prinzip nicht schon länger nutzen. Stecker rein, fertig“, beschreibt es Lucienne Damm plakativ. „So einfach ist das aber nicht“, schränkt sie ein. „Man legt nicht nur einfach einen Schalter um, der Vorgang nimmt etwas Zeit in Anspruch, bis die riesige Steckverbindung vom Land aufs Schiff verlässlich Energie liefert.“ Eine andere Herausforderung: In den meisten Häfen gibt es noch gar keinen Landstrom, der Ausbau findet erst jetzt statt. TUI Cruises wird 2020 dennoch seine Kreuzfahrtschiffe Mein Schiff 4 und 5 nachrüsten. So können die beiden Schiffe in manchen Häfen in Nordeuropa Landstrom nutzen. Bis 2023 werden dann alle Schiffe der Mein-Schiff-Flotte mit einem Landstromanschluss ausgerüstet.

Durch Abgasnachbehandlung können die Emissionen auf allen Neubauten deutlich reduziert werden.

Damit auch auf hoher See die Energieeffizienz stimmt, hat TUI Cruises die neuen Schiffe smart ausgestattet. „Wir prüfen die Systeme an Bord durchgehend und umfassend per Software und suchen gleichzeitig immer wieder nach Bereichen, wo wir den Stromverbrauch noch verringern können.“ TUI Cruises hat in den vergangenen Jahren so hunderttausende von Daten an 19.000 Messpunkten erfasst, von den einzelnen Leuchten und Klimaanlagen in den Kabinen über die Großküche bis hin zu den Spa- und Sporteinrichtungen. „Wir identifizieren die Verbrauchsspitzen und gehen dann gezielt dagegen an“, sagt Lucienne Damm.

Neben dem Einbau effizienter Licht- und Lüftungstechnik können auch vermeintliche Kleinigkeiten etwas beisteuern. „Manchmal sind es einfache Verhaltensänderungen: Kann man zum Beispiel einen Ofen in der Küche zwischendurch ausschalten, wenn er gerade nicht benötigt wird?“ Ein spannendes Feld ist dabei auch die Nautik. „So ähnlich wie beim Auto kann man ein Schiff ebenfalls energiesparend steuern, indem auf Wind und Wetter oder auch die Streckenführung geachtet wird“, sagt die Umweltmanagerin. „An dieser Stelle kann ich natürlich nur zuschauen, unsere Kapitäne und unsere nautischen Ingenieure haben das größte Know-how und operieren sowieso so nachhaltig wie möglich.“

50.000 Schiffe sind auf den Weltmeeren unterwegs und stehen für nur 2 Prozent des CO2-Ausstoßes weltweit. Von allen Schiffen wiederum sind nur 400 Kreuzfahrtschiffe. Der weitaus größte Teil sind Handelsschiffe. Die Innovationen finden jedoch vor allem im Cruises-Sektor statt – mit positivem Impact auf die gesamte Branche.

Die Maßnahmen sind umfangreich und damit manchmal auch teuer. Für Lucienne Damm ist das aber gut investiertes Geld. Die Kreuzfahrtbranche wächst und kann – oder sollte vielmehr – auch als Vorbild für die gesamte Schifffahrt dienen: Von weltweit 50.000 Schiffen sind nur rund 400 Kreuzfahrtschiffe. Der weitaus größte Teil entfällt auf die Handelsschifffahrt. TUI Cruises hatte zum Beispiel die ersten Schiffe in der Flotte, auf denen Katalysatoren für die Abgasnachbehandlung im Einsatz waren. Mit der 2019 in Dienst gestellten Mein Schiff 2 hat das Unternehmen die jüngste und umweltfreundlichste Kreuzfahrtflotte überhaupt. Die Schwefelemissionen können durch die Abgasnachbehandlung auf allen Neubauten bis zu 99 Prozent, die Stickoxidemissionen bis zu 75 Prozent und der Rußpartikelausstoß bis zu 60 Prozent reduziert werden. „Außerdem haben wir uns schon 2015 mit Flüssiggasantrieb beschäftigt, der für Mein Schiff 1 und 2 aber noch nicht zu stemmen war.“ Das hat sich geändert: Die Technologie wird in den beiden Neubauten eingesetzt, die 2024 und 2026 zum ersten Mal auslaufen werden. Im Gegensatz zu Marinediesel entstehen bei Flüssiggas als Brennstoff keine Schwefelemissionen. „Der CO2-Ausstoß verringert sich zwar ebenfalls, jedoch nicht so stark, dass perspektivisch ein klimaneutraler Schiffsbetrieb möglich wäre. Deswegen beschäftigen wir uns nun damit, welche innovativen klimaneutralen Treibstoffe es geben kann.“

Lucienne Damm sieht TUI Cruises gut gewappnet. „Mit unserer Flotte von momentan sieben Schiffen haben wir einen riesigen Skaleneffekt, wenn wir nachhaltige Projekte anstoßen.“ Wie gut das funktioniert, sieht sie jeden Tag: Wegen ihrer Querschnittsaufgabe hat sie mit allen Kollegen im Unternehmen zu tun, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Eine Zielgruppe hebt sie besonders hervor: „Wir haben unsere wichtigsten Kritiker immer bei uns: die Urlauber. Deswegen befragen wir sie auch regelmäßig.“ Dazu gehören zum Beispiel auch die Kapitänsfragerunde an Bord oder Gespräche mit dem Umweltoffizier. „Es ist wirklich spannend, was unsere Kunden alles wissen wollen und was sie wichtig finden“, sagt Lucienne Damm. „Davon lernen wir enorm viel und merken immer wieder, wo wir nachjustieren können.“