Tief in den schwarzen Trichtern ducken sich grünes Laub und Trauben an den Boden, darüber fegt der Wind hinweg. Hugo Rodríguez stapft durch die Weinberge von La Geria, der Region im Zentrum Lanzarotes. Er erzählt vom Nordost-Passat, der im Sommer oft stark weht, und zeigt auf die Farben der Landschaft: Die hellen, verwitterten Vulkane sind Millionen Jahre alt, die dunkleren 300. Zusammen mit seinen Kollegen restauriert er eine Anbautechnik, die es weltweit nur hier gibt. Mehr als 10.000 Trichter prägen die Region, manche nur einen halben Meter tief und eineinhalb Meter im Durchmesser, andere an die drei Meter tief.
Die grünen Tupfen in den Mulden sind die Reben; eine, höchstens zwei pflanzen Rodriguez und seine Leute an, so wie es die Bauern hier seit gut 200 Jahren tun. Die Technik hat sich bewährt, nur sie lässt den Wein auf der Kanareninsel gedeihen. Was einmal wurzelt, wird vom Picón, die Masse kleiner schwarzer Steine, gestärkt. Er zieht Feuchtigkeit an, lässt sie durchsickern und hält sie im Boden. Aus ersten mühsamen Versuchen wurde ein System, die Windschutzmauern kamen hinzu, und die Landschaft erhielt ihr unverwechselbares Gesicht. So brachte die Katastrophe eine neue Kulturtechnik hervor, die zwei Jahrhunderte lang das Leben der Bauern prägte. Sie erzeugen besondere Trauben mit hochkonzentrierten Aromen. Malvasía Volcánica etwa, kleine, süße Früchte, deren Wein an süßen Sherry erinnert.
Seit einigen Jahren jedoch geben immer mehr Landbesitzer die Arbeit auf – zu mühsam, nicht ertragreich. Besser bezahlte Jobs locken junge Menschen vom Land in die Städte. Gemeinsam mit Partnern vor Ort hält die TUI Care Foundation die Tradition am Leben – und kombiniert sie mit biologischer Anbauweise, um auch die Natur zu schützen. Dass geistig behinderte Menschen hier eine sinnvolle Beschäftigung finden, ist der dritte Aspekt, den die Stiftung gern fördert. Sanchez und ihre Kollegen sind bei Grevislan angestellt, dem einzigen Betrieb auf der Insel, der geistig beeinträchtigte Menschen beschäftigt. Die TUI Care Foundation finanziert ein Jahr lang deren Arbeit und die neuen Pflanzen. Die Landbesitzer müssen nur ihre Erlaubnis geben.
Wenn die Reben Früchte tragen, führen sie die Arbeit fort. „Statt selbst Hand anzulegen, können sie auch die Leute von Grevislan beschäftigen. Die beherrschen die Technik mittlerweile perfekt“, sagt Carmen Batista, TUI Managerin auf Lanzarote. Batista und ihre Kollegin Krystyna Kowalczyk achten vor Ort darauf, dass die Unterstützung ihren Zweck erfüllt, und tun sich mit den lokalen Aktivisten zusammen – auch das gehört zum Einsatz der Stiftung. Die beiden engagierten sich schon vor dem Projekt für den Erhalt des traditionellen Weinanbaus. Viele ihrer Inseltouren führen Urlauber durch La Geria. Ein Teil des Erlöses kommt der Restaurierung zugute. „Da unsere Gäste das Projekt mit ihrem Ausflug in die Weingüter fördern, fühlen sie sich persönlich verbunden“, sagt Kowalczyk. In Klaus Guttenberger fanden die zwei Frauen einen weiteren Verbündeten. Der Deutsche ist auf Lanzarote ein Pionier des Bioanbaus.
Mit ihm ersann die TUI Care Foundation den zweiten Zweig des Förderprojekts: fünf aktive Weinbauern bei der Umstellung auf biologische Anbauweise zu unterstützen, gemeinsam mit dem Öko-Gartenbaubetrieb Ecopalmer und Grevislan. Die Teilnehmer hatten wie Miguel Angel Robayna gerade mit der Umstellung begonnen; sie wurden ein Jahr lang beraten und erhielten die nötige Ausrüstung. Wein aus Robaynas Trauben kann man bei Los Bermejos in La Florida probieren und kaufen. Die Bodega verarbeitet Trauben aus dem Projekt. Sie ist einer der zwei großen Herstellungsbetriebe auf Lanzarote, aus einem Viertel der Früchte von der Insel produziert sie etwa eine halbe Million Flaschen im Jahr. Die Ausbeute ist klein, nicht nur wegen der raumgreifenden Anbauweise. Bei Los Bermejos werden die Trauben noch einmal sorgfältig verlesen und dann sehr schonend verarbeitet
Guttenberger findet es nur logisch, traditionelle und biologische Anbauweise zu kombinieren. „Die Trichter sind einzigartig auf der Welt“, sagt er. „Aber man muss den Wein aufwerten, damit es sich auch rechnet.“ Bio-Trauben, die sich mit mehr Erlös verkaufen lassen, sind der Weg, der auch das Ökosystem dieser Landschaft respektiert. Naturschutz und Landwirtschaft – das gehört in einem Biosphärenreservat zusammen. „Ziel ist, die Landschaft mit dem Menschen darin zu schützen“, sagt Guttenberger, „und nicht den Menschen zu vertreiben.“
Die Unterstützung für das Projekt ist in 2017 ausgelaufen. Im nächsten Jahr wird die TUI Care Foundation die Zusammenarbeit jedoch weiterführen.